Die Evangelische Jugend hat zusammen mit dem Netzwerk am Turm zur  Mahnwache für den Frieden auf den Kornmarkt eingeladen. Dort mahnten Mitwirkende  der evangelische Jugend An Nahe und Glan, diesen Krieg in der Ukraine zu beenden.

Bei der Mahnwache haben Jugendliche aus ihrer Sicht diese weltweite Krisenlage kommentieren. Sie berichteten, was sie bewegt und wie sie damit umgehen und sie haben die Position der evangelische Jugend im Rheinland zu diesem Krieg vorgestellt. Die Texte von Lisa, Eny, Jonas, Marie-Sophie und Mayla haben jeder auf seine Art deutlich gemacht wie unsinnig dieser Krieg und wie groß die Sehnsucht nach Frieden ist. Die bewegenden Texte können hier nachgelesen werden:

Text von Mayla:

Als ich vor einer Woche die Möglichkeit bekam heute Abend auf der Mahnwache gegen den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine einen Text vorzutragen, ist mir direkt dieses Lied eingefallen.

Imagine. Stell dir vor. Und das habe ich getan.

Ich habe mir vorgestellt in einer Welt zu leben, in der wir anderen morgen nicht die Fehler von gestern vorhalten. In der wir nicht mit dem schlechten Gewissen von gestern und der Angst vor morgen leben müssen – imagine all the people living for today.

Ich habe mir vorgestellt in einer Welt zu leben, in der es keine Länder und keine Grenzen gibt. Mein Land, dein Land gäbe es nicht. Unser- es wäre unser Land in dem wir leben – imagine all the people sharing all the world.

Ich habe mir vorgestellt in einer Welt zu leben, in der es keinen Besitz gibt. Wir müssten uns nicht um Essen, Trinken, ein Haus, ein Gebiet, ein Land oder sogar um Menschen streiten, weil jeder alles, oder viel eher nichts hat – nothing to kill or die for.

Und während ich mir diese Welt vorgestellt habe, wurde mir mehr und mehr bewusst, dass sie eine Utopie, eine Wunschvorstellung, ein Traum ist – you may say I’m a dreamer.

Sie ist eine Utopie, die es so niemals geben wird.

Zumindest nicht solange es Menschen gibt, denen heute egal ist und stattdessen lieber gestern leben. Menschen, die klare, z.T. veraltete Grenzen für notwendig halten und somit Gebiete und Menschen, die darin leben als den eigenen Besitz begreifen und dabei sogar nicht vor einem Krieg zurückschrecken.

Wladimir Putin steht mit seinem Vorhaben die alten Landesgrenzen der UDSSR wiederherzustellen und dabei über Leichen zu gehen im krassen Gegensatz zu dieser Utopie.

Er ist wie die dazugehörige Dystopie. Er verkörpert eine Welt in der wir an alten Zuständen festhalten, anstatt den von heute zu akzeptieren.

Er verkörpert eine Welt, in der Menschen emotional und körperlich voneinander abgegrenzt werden.

Er verkörpert eine Welt, in der nur Macht durch Besitz glücklich machen kann. Er verkörpert nicht nur eine dystopische Welt, sondern ist auch die Dystopie unserer Gesellschaft, wenn wir es nicht schaffen unsere Verbissenheit, unseren Machtanspruch, unsere Habgier und den Drang uns von anderen abgrenzen zu wollen ablegen.

Denn das alles verursacht wie man sieht nur Leid. Unter Wladimir Putin leiden derzeit Millionen von Menschen:

Russ*innen, die unterdrückt werden. Europäer*innen, die einen Weltkrieg fürchten müssen. Aber in erster Linie leiden Ukrainer*innen, die ihre Heimat verlassen müssen, oder sie mutig verteidigen.

Sie leiden und ich bin heute hier, um diesem Leid eine Stimme zu geben.

Um an dem Leid der Geflohenen, Unterdrückten, Verletzten und Getöteten und ihrer Angehörigen Anteil zu nehmen.

Denn ihr Leid soll mein Leid werden – a brotherhood of man. Und ich bin vielleicht ein Träumer – but I am not the only one.

Ich glaube daran, dass wir diesen Krieg stoppen und weitere verhindern können, wenn wir bei uns selbst ansetzen und jeder seinen Beitrag leistet, die Welt ein Stück besser zu machen.

Ich glaube daran, dass wir es schaffen in Frieden zu leben – imagine all the poeple living life in peace.

Diese Mahnwache ist der Beweis dafür, dass es geht. Wir kommen zusammen und stehen für den Frieden ein. Wir zeigen Solidarität und wehren uns gegen die Dystopie Wladimir Putin.

Wir wehren uns gegen seinen Krieg.

Mayla Vogel

Text von Jonas:

Ich finde es schwierig in Worte zu fassen was ich fühle… Die letzten zwei Jahre waren nicht leicht, die Klimakrise wird ohnehin immer deutlicher und nun rückte vor fast einem Monat die Realität eines Krieges näher an uns heran als jemals zuvor.

Ich habe das Gefühl abzustumpfen. Das Gefühl von Hilflosigkeit ist so alltäglich geworden, dass ich es ignorieren kann und einfach meinem Alltag nachgehe. Und das ist vielleicht die schlimmste Einsicht, die ich hatte, als ich darüber nachdachte, was ich hier heute sagen möchte. Aber natürlich ist das keine Lösung. Ich habe eine Meinung und Gefühle und die Absicht, für sie einzustehen.

Krieg jeder Art und überall löst in mir nur ein Kopfschütteln aus. Es will nicht in meinen Kopf hinein, warum Menschen einander nicht einfach in Frieden leben lassen können. Warum können Männer in Machtpositionen sich nicht mit der Macht, die sie haben, zufriedengeben, sondern gieren nach mehr?
Warum halten manche Gruppierungen sich aus imaginären Gründen für überlegen gegenüber anderen? Warum meinen Menschen, ihnen stehe zu, was anderen gehört? Warum besteht keine Bereitschaft, zu teilen, was für alle reichen könnte? Ich begreife es nicht und es macht mich traurig, die Welt so zu sehen, könnte sie doch so viel besser sein. WIR könnten so viel besser sein

Was dagegen unternommen werden kann/soll? Ich weiß es nicht. Ich bin der festen Überzeugung, das Gewalt immer nur mehr Gewalt erzeugt und keine Lösung darstellt. Ich verstehe aber auch, dass es Situationen geben kann, in denen friedlicher Protest/Widerstand seine Grenzen erreicht. Ich möchte helfen, aber was kann ich schon tun? Reicht es, mich hier hinzustellen und Worte zu schwingen? Ich weiß es nicht.

Ich hoffe aber darauf, dass wir als Menschheit es in nicht allzu ferner Zukunft schaffen, Krieg und Not hinter uns zu lassen. Das wir lernen, miteinander, nicht gegeneinander zu arbeiten und endlich gemeinsam die wirklich wichtigen Probleme unserer Zeit anzugehen. Und viele der jungen wie älteren Menschen in meinem Umfeld machen mir dabei Hoffnung. Menschen die offen sind allem gegenüber, was neu und „anders“ ist. Die für Toleranz, Frieden, Klimaschutz und so viele weitere gute Dinge einstehen. Gemeinsam mit ihnen möchte ich daran arbeiten unsere kleine Ecke der Welt besser zu hinterlassen, als wir sie vorgefunden haben. Darin setze ich meine Hoffnung.

Dankeschön.

Text von Eni:

Ich bin erst 13 Jahre alt.

Es macht mir Angst zu hören und zu sehen, was gerade passiert.

Warum tun Menschen das?

In der  Vergangenheit, der Geschichte  hat man doch gesehen und erfahren, was ein Krieg auslösen kann. Welches Leid entsteht.

Was muss noch passieren, damit wir Menschen endlich verstehen, das Gewalt und Krieg keine Lösung sind?

Ich habe Angst, dass wir nun in einer Kriegszeit leben müssen.

Ich habe Angst vor dem, was noch kommt.

Text von Marie-Sophie:

Ich wusste ehrlich gesagt gar nicht, wie ich anfangen soll. Zunächst war ich sehr unsicher. Wie soll ICH als nicht-Betroffene meine Gedanken über diesen Krieg in Worte fassen und mit anderen teilen, wenn es ja nicht um meine Gedanken und Gefühle, sondern um die der betroffenen Menschen in der und aus der Ukraine und auf der Flucht geht. Ich habe es dennoch gemacht und versucht, meine vielen Gedanken dazu in Worte zu fassen.

Als ich am 24. Februar beim Frühstück nochmal kurz meine Nachrichtenapps checken wollte, sah ich all diese Meldungen, die über den Angriff auf die Ukraine berichteten. „Russland greift militärische Ziele in der Ukraine an.“, „Selenskyj ruft Kriegszustand aus“, Krieg….

Ich war und bin fassungslos. Niemals hätte ich gedacht, dass die (vorher schon bedrohliche Lage) so schnell eskaliert. Über Nacht ist an einem anderen Ort nicht allzu weit entfernt ein Krieg ausgebrochen.

Ich stelle mir immer wieder vor, wie es den Menschen in der Ukraine gehen muss. Während ich seelenruhig schlafen kann, werden andere Menschen von Bombenexplosionen und Schüssen aus dem Schlaf und aus dem alltäglichen Leben gerissen. Während ich an meinem Frühstückstisch sitzen und Nachrichten lesen kann, müssen andere Menschen aus ihren Häusern, aus ihrer Heimat, fliehen, ihr altes Leben zurücklassen, in Bunkern voller Unsicherheit verharren oder womöglich selbst in den Krieg ziehen. Während ich mich hier in Deutschland sicher fühlen kann, müssen andere Menschen furchtbare Angst, Ungewissheit und Leid ertragen.

Seit dem 24. Februar werden überall in kurzen Abständen Updates zum derzeitigen Stand des Krieges in der Ukraine gepostet. Man kann immer wieder verfolgen, wie sich das Leid vergrößert. Ich will mich über die aktuellen Geschehnisse informieren und doch fühle ich mich jedes Mal so hilflos. Ich lese diese ganzen unvorstellbaren Ereignisse, bin zutiefst erschüttert und würde dem so gerne ein Ende bereiten, aber so leicht funktioniert das leider nicht.

All meine Sorgen, die nicht den Krieg betreffen scheinen nicht mehr relevant zu sein. Wie kann ich mich über „kleinliche Dinge“ beschweren, wenn diese nicht annähernd mit den Problemen der Menschen in und aus Kriegsgebieten verglichen werden können?

Alle „normalen Aktivitäten“ fühlten und fühlen sich immer noch manchmal falsch an. Ich habe ein befremdliches Gefühl in mir, wenn mein Leben einfach normal weiter verläuft, obwohl ich weiß, dass es so viele Menschen gibt, die im Moment nicht fröhlich und unbedarft sein können und für die der normale Alltag nicht mehr existiert.

Mir ist natürlich bewusst, dass das Leben hier weitergeht und auch weitergehen muss. Indem man sich hier vom normalen Leben abschottet, hilft man den Menschen in und aus der Ukraine auch nicht weiter. Aber mir wurde einfach noch einmal extrem bewusst, wie privilegiert ich gerade bin und wie absurd und zufallsbehaftet es ist, dass ich mich von den Geschehnissen in Kriegsgebieten distanzieren und mein normales Leben weiterleben könnte. Ich habe jederzeit die Möglichkeit, das Handy auszuschalten, die Nachrichten nicht mehr durchzulesen, mich abzulenken. Das haben die Betroffenen im Kriegsgebiet oder auf der Flucht nicht. Dort kann niemand die Bilder und das Leid einfach ausschalten und verdrängen. Krieg ist die Lebensrealität viel zu vieler Menschen auf der Welt und niemand sollte mit derartigen Erlebnissen konfrontiert werden müssen. Und nun ist ein weiterer Krieg ausgebrochen, der aus Machtgier entstand und nun viele Leben kostet und unvorstellbares Leiden verursacht.

Es macht mir Angst, dass die Schicksale so vieler Menschen durch die Entscheidung eines einzelnen Autokraten so beeinflusst und verändert werden. Dass eine Entscheidung so viel Leid verursachen kann. Es ist nicht gerecht. Und doch passiert es gerade im Moment und wird wahrscheinlich wieder passieren.

Und jetzt frage ich mich selbst immer wieder: Was ist meine Rolle in dem Ganzen? Was kann ich tun? Und was habe ich überhaupt für einen Einfluss? Mir ist dabei auch etwas bewusst geworden: Und zwar, wie sehr WIR, die hier in Frieden leben können, in der Verantwortung stehen.

Ich möchte betonen, dass wir aus unserer privilegierten Position heraus im Moment die Pflicht haben, nach unseren Möglichkeiten zu handeln, um die Menschen, die von Krieg unmittelbar betroffen sind zu unterstützen. Es muss sowohl auf individueller als auch auf Staatsebene gehandelt werden.

Indem wir uns hier jeden Mittwoch versammeln, zeigen wir Solidarität und Mitgefühl und tragen womöglich gleichzeitig dazu bei, dass der Handlungsdruck auf die deutsche Regierung erhöht wird. Denn ohne die Handlungen anderer Staaten wird dieser Krieg nicht beendet werden. Wir müssen mit kleinen und großen Mitteln etwas bewirken und deutlich machen, dass wir die Situation nicht einfach so hinnehmen. Wir können aber nicht nur Solidarität zeigen, sondern auch Wohnraum für Flüchtende bereitstellen oder Menschen bzw. Gruppen unterstützen, die Hilfstransporte vorbereiten.

Wir können und müssen etwas tun. Und das gilt im Übrigen für alle Menschen, die von Krieg und Gewalt in ihrem Land betroffen sind und dort verharren oder fliehen müssen.

Ich versuche mir manchmal vorzustellen, wie es wäre, wenn ich in einer ähnlichen Situation wäre, wie die Menschen in einem Land, wo Krieg geführt wird. Was würde ich von anderen Ländern, von meinen Mitmenschen erwarten oder mir wünschen? Was würde mir helfen? Das ist schwer zu beantworten und ich möchte ungern Aussagen über ein Szenario treffen, das ich selbst noch nicht erlebt habe, aber ich denke, was so manchem Menschen helfen könnte ist Hoffnung.

Zu sehen, dass eine riesige Zahl von Menschen die Ungerechtigkeit verurteilt, Solidarität mit den Betroffenen zeigt und helfen will, gibt vielleicht Hoffnung. Hoffnung auf Hilfe, Hoffnung auf Besserung, Hoffnung, dass das Leid bald ein Ende hat, Hoffnung auf ein Leben in Sicherheit und Frieden.

Lasst uns dazu beitragen, dass der ein oder andere Mensch in der oder aus der Ukraine Hoffnung hat und nicht aufgibt. Lasst uns eine aktive Rolle einnehmen und uns nicht verschließen vor der Realität.

Lasst uns Mitgefühl und Hilfsbereitschaft an den Tag legen.

Denn das ist das Mindeste, was wir tun können.